Irgendwann war er da, der Moment in dem ich wusste, jetzt kann endlich ein Hund in mein Leben kommen. Schon als ich begann nach ihm zu suchen, wusste ich seinen Namen: Cara. „Anam Cara“, der keltische Begriff für Seelengefährte, umschreibt nicht nur die Qualität einer Freundschaft, sondern auch eine lebenslange Verbundenheit. Das schien mir für einen vierbeinigen Freund sehr passend und ich begann zu recherchieren.

Mein Herz sagte Neufundländer! Groß und wuschelig bitte. Die gesundheitlichen Infos und ihre geringe Lebenserwartung schreckten mich allerdings ab. Ich entdeckte Landseer. Die wunderschönen, großen, schwarz-weißen Arbeitshunde mit dem freundlichen Wesen. Alles was ich las, schien perfekt. Zeitgleich fand ich die Wurfanzeige einer Familienzucht. Beide Elterntiere lebten dort mit Kindern und anderen Tiere. Ich war hin und weg von den Fotos, insbesondere von einer Hündin, die auf einem der Bilder selbstbewusst an einer Blüte schnupperte.

Zwölf schwarz-weiße Bärchen wuselten bei unserem Besuch um uns herum. Mein Mann war begeistert von einem Rüden, ich hatte eine zierliche Hündin auf dem Arm, um uns herum war alles voller Hunde. Wen sollten wir nehmen? Welcher war meiner? Bis mir auffiel, dass sich in aller Seelenruhe ein Welpe an mein Bein gelegt hatte, tiefenentspannt mit Bauch nach oben. Ein Mädchen. Mein Mädchen. Meine Cara. Die Hündin vom Bild.

Mit dem gleichen Selbstverständnis stieg sie zu uns ins Auto, legte sich auf meinen Schoss und verbrachte dort tiefenentspannt 400 km Rückweg. Zu Hause stieg sie aus und es war, als wäre sie schon immer da gewesen.

Ihr erstes Lebensjahr verbrachten wir beruflich viel auf Reisen. Ob in Hamburg oder Berlin, an der Ostsee oder in den Schweizer Berge, in Restaurants, auf der Alp oder in Vier-Sterne-Hotels. Cara war überall dabei. Ihre größte Freude war ein Wohnmobilurlaub. Sie liebte dieses Zigeunerleben! Und ich merkte mehr und mehr, dass ich mich auf mein eigenwilliges Mädchen extrem verlassen konnte.

So konnte ich sie bedenkenlos in meinen Job einbeziehen. Mehrere Jahre arbeitete sie mit mir in meiner damaligen psychotherapeutischen Praxis. Sie begleitete Traumapatienten und ehrenamtlich besuchten wir pflegebedürftige Kinder und Senioren. Später bildeten wir gemeinsam tiergestützte Teams aus. Viele Welpen und Junghunde lernten mit und von ihr. Egal welchem Zwei- oder Vierbeiner sie begegnete, jeder liebte Cara!

Wie es der Rasse nachgesagt wird, war auch sie ein sehr eigenständiger Charakter. Tricks, unnützes Rufen und ähnlicher Quatsch wurden mit verächtlichem Augenaufschlag konsequent abgelehnt. Sie liebte schwimmen, kommunizierte punktgenau mit ihren Blicken und wurde nie müde, mit mir über die immer gleichen Dinge zu diskutieren. Ihrem selbstbestimmten Freigeist verdanke ich es, mich professionell mit Tierverhalten zu beschäftigen. Sie lehrte mich, die wilde Seele der Hunde zu lieben. Eine Liebe fürs Leben.

Unsere Jahre verflogen. Mein Mädchen wurde alt. Irgendwann legte sich ein trüber Schatten über ihre schönen Augen, sie wurde ungewohnt ängstlich, ihr Herz und auch das Hören wurden schwächer. Da sie in unserem Haus die Treppen nicht mehr bewältigen konnte, lebte sie ihre letzte Zeit bei meiner Mutter im Nachbarort. An schönen Tagen kam sie nach Hause, spazierte mit mir und ihrer Hundefamilie durchs Gelände, unangefochten für alle die Nummer 1. Wenn sie müde wurde, lenkte sie mich zum Auto, stieg ein und lies sich zu Oma aufs Sofa fahren. Manchmal schien mir diese Zeit wie ein Abschied auf Raten. Sie war nicht mehr hier bei mir, aber auch nicht ganz fort.

Cara war mein Schatten, mein Herz, meine Lehrerin. Ich bin mir sicher, dass unsere Verbindung über uns hinaus Bestand haben wird. Wir haben miteinander meinen Sohn großgezogen sowie mehrere Hundekinder in die Welt begleitet oder in eine andere verabschieden müssen. Durch sie habe ich gelernt, wie wichtig es ist, souverän und gelassen zu bleiben. Sie war eine Meisterin darin. Wir haben viele Menschen und Hunde begleitet, neue Wege beschritten und gemeinsam an verschiedenen Orten gelebt. Ich konnte es mir nie vorstellen, ohne sie zu sein.

11 Jahre gingen wir gemeinsam durchs Leben. Sie war meine engste Verbündete, mein großes Mädchen, meine Seelengefährtin.

Am 02. Juli 2021 schlief sie nach einer kurzen, schweren Erkrankung ein.